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Ein Ball, der verbindet – Bernerzeitung

Berner Zeitung - Ursula Grütter

05.02.2018

Ob behindert oder nicht: Im Rafroball ver­schwinden Grenzen spielerisch, und oft sind Rollstuhlfahrer leicht im Vorteil. Das hat sich auch beim Turnier in der Sporthalle Altikofen gezeigt.

Mannschaftsspione in den Zuschauerreihen, wild gestikulierende Trainer und aus dem Publikum grosser Applaus bei jedem Tor: So sieht es bei sportlichen Wettkämpfen um den runden Ball meistens aus. Beim Rafroball ist dies nicht anders. Und doch: Rafroball ist mehr als nur eine der zahlreichen Ballsportarten. Es ist das Zusammenspiel von Behinderten und Nichtbehinderten. Wie das geht, haben verschiedene Mannschaften am Sonntag bei den Meisterschaften in der Sporthalle Altikofen vorgeführt.
«Zu Sascha», ruft der Trainer kurz nach Anpfiff, und die Berner Gruppe stürmt mit Rollstühlen nach vorn. Die Freiburger warnen mit einem «Attention». Für sie wird es brenzlig. Sascha, der Stürmer, rollt den Ball in der Hand, der andere Arm bleibt kraftlos angewinkelt. Schuss und Tor! Das Publikum schreit und klatscht. Dann verschiebt sich die Mannschaft wieder in die Ausgangsposition.

Gleich lange Spiesse

Gespielt wird beim Rafroball in einer gemischten Gruppe. Diese setzt sich immer aus Rollstuhlfahrern mit Handicap, Rollstuhlfahrern mit menschlichen «Motoren», Menschen mit Lähmungen und Rollstuhlfahrern ohne Handicap (Valide) zusammen. Die menschlichen «Motoren» helfen, den Rollstuhl zu schieben und den Ball zu fangen. Auch geistig Behinderte sind mit dabei.

Wer denkt, dass dabei die Menschen ohne Handicap klar im Vorteil seien, der irrt. Christophe Murisier, ein sogenannter Valider, weiss, wie schwierig es ist, mit dem ungewohnten Fortbewegungsmittel Sport zu betreiben. Man sei weniger agil, und zu Beginn fahre man oft den Stehenden im Spieleifer über die Füsse, verkeile sich in einen anderen Rollstuhl oder falle gar nach hinten.

Damit keine Verletzungen entstehen, sind die Fahrgeräte hinten mit einer Stütze ausgestattet. Sie stoppt den Fall. Erschwerend kommt auch die ungewohnte Höhe dazu, auf der gespielt wird.

Ob all dieser ungewohnten Hindernisse verschwimmen die Leistungsgrenzen von Behinderten und Nichtbehinderten, sie sind beim Spiel kaum mehr auszumachen. Wo die Behinderung zu stark ist, sind Helfer als Ausgleich im Einsatz, und die Tore werden ebenfalls an die Grösse des Torwarts angepasst.

Gemeinschaftssinn

Auch wenn die sportliche Leistung am Sonntag in Altikofen gefragt ist, der Spass steht beim ­Rafroball im Vordergrund, das bestätigen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Der Zusammenhalt in der vor zwei Jahren entstandenen Mannschaft sei gross und führe zu einer ganz neuen Alltags­erfahrung. Sascha Freiburghaus, der 46-jährige Stürmer aus Grenchen, sagt es so: «Ich bin hier Teil eines Teams und gleichzeitig auch Botschaftsträger.»

In der gemischten Mannschaft könne er die Flexibilität seiner Glieder auch langfristig trainieren. Und noch wichtiger sei ihm die Botschaft, dass eine Behinderung nicht immer ein Hindernis sein müsse. Gemeinsam könne man viel Spass haben.

Schicksalsschlag

Für Freiburghaus ist im Alter von 27 Jahren das Leben für einen kurzen Augenblick stillgestanden. Er hatte einen Hirnschlag. Danach war nichts mehr wie vorher. Er war einseitig vollständig gelähmt und an den Rollstuhl gebunden. Heute kann er sein Bein dank einem intensiven Training wieder belasten.

Die Berner haben am Sonntag das erste Spiel verloren, doch sie sehen sich auch als Sieger. «Wir haben alle ein Stück Lebens­qualität dazugewonnen», sagt Freiburghaus.

Weitere Informationenzu dieser Sportart sind unter online zu finden. Die Trainings der Berner Mannschaft finden jeden Donnerstag von 18 bis 20 Uhr in der Turnhalle Dennigkofen, Ostermundigen, statt. Gäste sind willkommen. (Berner Zeitung)

Erstellt: 05.02.2018, 14:16 Uhr – Berner Zeitung Autor: Ursula Grütter

https://www.bernerzeitung.ch/sport/weitere/ein-ball-der-verbindet/story/11442879
Source: Berner Zeitung – 05.07.2018

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